ber
frierende
Herbst-
127
?
127
?
Trakl - Dichtungen
Die feuchte Stirn beugt kalt und bleich
Sich u? ber Unrat, drin die Ratte wu? hlt,
Vom Scharlachglanz der Sterne lau umspu? lt;
Im Garten fallen A? pfel dumpf und weich.
Die Nacht ist schwarz. Gespenstisch bla? ht der Fo? hn
Des wandelnden Knaben weisses Schlafgewand
Und leise greift in seinen Mund die Hand
Der Toten. Sonja la? chelt sanft und scho? n.
118
? ? Generated for (University of Chicago) on 2014-12-16 02:37 GMT / http://hdl. handle. net/2027/inu. 32000007258199 Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www. hathitrust. org/access_use#pd-us-google
? SONJA
Abend kehrt in alten Garten;
Sonjas Leben, blaue Stille.
Wilder Vo? gel Wanderfahrten;
Kahler Baum in Herbst und Stille.
Sonnenblume, sanftgeneigte
U? ber Sonjas weisses Leben.
Wunde, rote, niegezeigte
La? sst in dunklen Zimmern leben,
Wo die blauen Glocken la? uten;
Sonjas Schritt und sanfte Stille.
Sterbend Tier gru? sst im Entgleiten,
Kahler Baum in Herbst und Stille.
Sonne alter Tage leuchtet
U? ber Sonjas weisse Brauen,
Schnee, der ihre Wangen feuchtet,
Und die Wildnis ihrer Brauen.
119
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? ENTLANG
Geschnitten sind Korn und Traube,
Der Weiler in Herbst und Ruh.
Hammer und Amboss klingt immerzu,
Lachen in purpurner Laube.
Astern von dunklen Za? unen
Bring dem weissen Kind.
Sag wie lang wir gestorben sind;
Sonne will schwarz erscheinen.
'
Rotes Fischlein im Weiher;
Stirn, die sich fu? rchtig belauscht;
Abendwind leise ans Fenster rauscht,
Blaues Orgelgeleier.
Stern und heimlich Gefunkel
La? sst noch einmal aufschaun.
Erscheinung der Mutter in Schmerz und Graun;
Schwarze Reseden im Dunkel.
120
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? DER HERBST DES EINSAMEN
Der dunkle Herbst kehrt ein voll Frucht und Fu? lle,
Vergilbter Glanz von scho? nen Sommertagen.
Ein reines Blau tritt aus verfallener Hu? lle;
Der Flug der Vo? gel to? nt von alten Sagen.
Gekeltert ist der Wein, die milde Stille
Erfu? llt von leiser Antwort dunkler Fragen.
Und hier und dort ein Kreuz auf o? dem Hu? gel;
Im roten Wald verliert sich eine Herde.
Die Wolke wandert u? bern Weiherspiegel;
Es ruht des Landmanns ruhige Geberde.
Sehr leise ru? hrt des Abends blauer Flu? gel
Ein Dach von du? rrem Stroh, die schwarze Erde.
Bald nisten Sterne in des Mu? den Brauen;
In ku? hle Stuben kehrt ein still Bescheiden
Und Engel treten leise aus den blauen
Augen der Liebenden, die sanfter leiden.
Es rauscht das Rohr; anfa? llt ein kno? chern Grauen,
Wenn schwarz der Tau tropft von den kahlen Weiden.
121
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? HERBSTSEELE
Ja? gerruf und Blutgebell;
Hinter Kreuz und braunem Hu? gel
Blindet sacht der Weiherspiegel,
Schreit der Habicht hart und hell.
U? ber Stoppelfeld und Pfad
Banget schon ein schwarzes Schweigen;
Reiner Himmel in den Zweigen;
Nur der Bach rinnt still und stad.
Bald entgleitet Fisch und Wild.
Blaue Seele, dunkles Wandern
Schied uns bald von Lieben, A? ndern.
Abend wechselt Sinn und Bild.
Rechten Lebens Brot und Wein,
Gott in deine milden Ha? nde
Legt der Mensch das dunkle Ende,
Alle Schuld und rote Pein.
122
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? AFRA
Ein Kind mit braunem Haar. Gebet und Amen
Verdunkeln still die abendliche Ku? hle
Und Afras La? cheln rot in gelbem Rahmen
Von Sonnenblumen, Angst und grauer Schwu? le.
Gehu? llt in blauen Mantel sah vor Zeiten
Der Mo? nch sie fromm gemalt an Kirchenfenstern;
Das will in Schmerzen freundlich noch geleiten,
Wenn ihre Sterne durch sein Blut gespenstern.
Herbstuntergang; und des Holunders Schweigen.
Die Stirne ru? hrt des Wassers blaue Regung,
Ein ha? rnes Tuch gelegt auf eine Bahre.
Verfaulte Fru? chte fallen von den Zweigen;
Unsa? glich ist der Vo? gel Flug, Begegnung
Mit Sterbenden; dem folgen durtkle Jahre.
123
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? EIN WINTERABEND
Wenn der Schnee ans Fenster fa? llt,
Lang die Abendglocke la? utet,
Vielen ist der Tisch bereitet
Und das Haus ist wohlbestellt.
Mancher auf der Wanderschaft
Kommt ans Tor auf dunklen Pfaden.
Golden blu? ht der Baum der Gnaden
Aus der Erde ku? hlem Saft.
Wanderer tritt still herein;
Schmerz versteinerte die Schwelle.
Da ergla? nzt in reiner Helle
Auf dem Tische Brot und Wein.
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? SIEBENGESANG DES TODES
? ? Generated for (University of Chicago) on 2014-12-16 02:37 GMT / http://hdl. handle. net/2027/inu. 32000007258199 Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www. hathitrust. org/access_use#pd-us-google
? ? ? Generated for (University of Chicago) on 2014-12-16 02:37 GMT / http://hdl. handle. net/2027/inu. 32000007258199 Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www. hathitrust. org/access_use#pd-us-google
? VERWANDLUNG DES BO? SEN
Herbst: schwarzes Schreiten am Waldsaum; Minute
stummer Zersto? rung; auf lauscht die Stirne des Aus-
sa? tzigen unter dem kahlen Baum. Langvergangener
Abend, der nun u? ber die Stufen von Moos sinkt; No-
vember. Eine Glocke la? utet und der Hirt fu? hrt eine
Herde von schwarzen und roten Pferden ins Dorf.
Unter dem Haselgebu? sch weidet der gru? ne Ja? ger ein
Wild aus. Seine Ha? nde rauchen von Blut und der
Schatten des Tiers seufzt im Laub u? ber den Augen
des Mannes, braun und schweigsam; der Wald. Kra? hen,
die sich zerstreuen; drei. Ihr Flug gleicht einer Sonate,
voll verblichener Akkorde und ma? nnlicher Schwermut;
leise lo? st sich eine goldene Wolke auf. Bei der Mu? hle
zu? nden Knaben ein Feuer an. Flamme ist des Bleichsten
Bruder und jener lacht vergraben in sein purpurnes Haar;
oder es ist ein Ort des Mordes, an dem ein steiniger Weg
vorbeifu? hrt. Die Berberitzen sind verschwunden, jahr-
lang tra? umt es in bleierner Luft unter den Fo? hren;
Angst, gru? nes Dunkel, das Gurgeln eines Ertrinkenden:
aus dem Sternenweiher zieht der Fischer einen grossen,
schwarzen Fisch, Antlitz voll Grausamkeit und Irrsinn.
Die Stimmen des Rohrs, hadernder Ma? nner im Ru? cken
schaukelt jener auf rotem Kahn u?
ber frierende Herbst-
127
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? wasser, lebend in dunklen Sagen seines Geschlechts
und die Augen steinern u? ber Na? chte und jungfra? uliche
Schrecken aufgetan. Bo? se.
Was zwingt dich still zu stehen auf der verfallenen
Stiege, im Haus deiner Va? ter? Bleierne Schwa? rze. Was
hebst du mit silberner Hand an die Augen; und die
Lider sinken wie trunken von Mohn? Aber durch die
Mauer von Stein siehst du den Sternenhimmel, die
Milchstrasse, den Saturn; rot. Rasend an die Mauer
von Stein klopft der kahle Baum. Du auf verfallenen
Stufen: Baum, Stern, Stein! Du, ein blaues Tier,
das leise zittert; du, der bleiche Priester, der es hin-
schlachtet am schwarzen Altar. 0 dein La? cheln im
Dunkel, traurig und bo? se, dass ein Kind im Schlaf
erbleicht. Eine rote Flamme sprang aus deiner Hand
und ein Nachtfalter verbrannte daran. 0 die Flo? te des
Lichts; o die Flo? te des Tods. Was zwang dich still
zu stehen auf verfallener Stiege, im Haus deiner Va? ter?
Drunten ans Tor klopft ein Engel mit kristallnem
Finger.
0 die Ho? lle des Schlafs; dunkle Gasse, braunes
Ga? rtchen. Leise la? utet im blauen Abend der Toten
Gestalt. Gru? ne Blu? mchen umgaukeln sie und ihr Antlitz
hat sie verlassen. Oder es neigt sich verblichen u? ber die
kalte Stirne des Mo? rders im Dunkel des Hausflurs;
128
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? Anbetung, purpurne Flamme der Wollust; hinsterbend
stu? rzte u? ber schwarze Stufen der Schla? fer ins Dunkel.
Jemand verliess dich am Kreuzweg und du schaust
lange zuru? ck. Silberner Schritt im Schatten verkru? ppel-
ter Apfelba? umchen. Purpurn leuchtet die Frucht im
schwarzen Gea? st und im Gras ha? utet sich die Schlange.
O! das Dunkel; der Schweiss, der auf die eisige Stirne
tritt und die traurigen Tra? ume im Wein, in der Dorf-
schenke unter schwarzverrauchtem Geba? lk. Du, noch
Wildnis, die rosige Inseln zaubert aus dem braunen
Tabaksgewo? lk und aus dem Innern den wilden Schrei
eines Greifen holt, wenn er um schwarze Klippen jagt
in Meer, Sturm und Eis. Du, ein gru? nes Metall und
innen ein feuriges Gesicht, das hingehen will und singen
vom Beinerhu? gel finstere Zeiten und den flammenden
Sturz des Engels. 0! Verzweiflung, die mit stummem
Schrei ins Knie bricht.
Ein Toter besucht dich. Aus dem Herzen rinnt
das selbstvergossene Blut und in schwarzer Braue nistet
unsa? glicher Augenblick; dunkle Begegnung. Du -- ein
purpurner Mond, da jener im gru? nen Schatten des
o? lbaums erscheint. Dem folgt unverga? ngliche Nacht.
129
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? KARL KRAUS
Weisser Hohepriester der Wahrheit,
Kristallne Stimme, in der Gottes eisiger Odem wohnt,
Zu? rnender Magier,
Dem unter flammendem Mantel der blaue Panzer des
Kriegers klirrt.
130
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? AN DIE VERSTUMMTEN
0, der Wahnsinn der grossen Stadt, da am Abend
An schwarzer Mauer verkru? ppelte Ba? ume starren,
Aus silberner Maske der Geist des Bo? sen schaut:
\7
Licht mit magnetischer Geissel die steinerne Nacht ver-
dra? ngt.
0, das versunkene La? uten der Abendglocken.
Hure, die in eisigen Schauern ein totes Kindlein geba? rt.
Rasend peitscht Gottes Zorn die Stirne des Besessenen,
Purpurne Seuche, Hunger, der gru? ne Augen zerbricht.
0, das gra? ssliche Lachen des Golds.
Aber stille blutet in dunkler Ho? hle stummere Menschheit,
Fu? gt aus harten Metallen das erlo? sende Haupt.
131
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? ANIF
Erinnerung: Mo? ven, gleitend u? ber den dunklen Himmel
Ma? nnlicher Schwermut.
Stille wohnst du im Schatten der herbstlichen Esche,
Versunken in des Hu? gels gerechtes Mass;
Immer gehst du den gru? nen Fluss hinab,
Wenn es Abend geworden,
To? nende Liebe; friedlich begegnet das dunkle Wild,
Ein rosiger Mensch. Trunken von bla? ulicher Witterung
Ru? hrt die Stirne das sterbende Laub
Und denkt das ernste Antlitz der Mutter;
0, wie alles ins Dunkel hinsinkt;
Die gestrengen Zimmer und das alte Gera? t
Der Va? ter.
Dieses erschu? ttert die Brust des Fremdlings.
0, ihr Zeichen und Sterne.
Gross ist die Schuld des Geborenen. Weh, ihr goldenen
Des Todes, [Schauer
Da die Seele ku? hlere Blu? ten tra? umt.
Immer schreit im kahlen Gezweig der na? chtliche Vogel
U? ber des Mondenen Schritt,
To? nt ein eisiger Wind an den Mauern des Dorfs.
132
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? AN EINEN FRUHVERSTORBENEN
0, der schwarze Engel, der leise aus dem Innern des
Baums trat,
Da wir sanfte Gespielen am Abend waren,
Am Rand des bla? ulichen Brunnens.
Ruhig war unser Schritt, die runden Augen in der
braunen Ku? hle des Herbstes,
0, die purpurne Su? sse der Sterne.
Jener aber ging die steinernen Stufen des Mo? nchsbergs
hinab,
Ein blaues La? cheln im Antlitz und seltsam verpuppt
In seine stillere Kindheit und starb;
Und im Garten blieb das silberne Antlitz des Freundes
Lauschend im Laub oder im alten Gestein. [zuru? ck,
Seele sang den Tod, die gru? ne Verwesung des Fleisches
Und es war das Rauschen des Walds,
Die inbru? nstige Klage des Wildes.
Immer klangen von da? mmernden Tu? rmen die blauen
Glocken des Abends.
Stunde kam, da jener die Schatten in purpurner Sonne
Die Schatten der Fa? ulnis in kahlem Gea? st; [sah,
133
? ? Generated for (University of Chicago) on 2014-12-16 02:37 GMT / http://hdl. handle. net/2027/inu. 32000007258199 Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www. hathitrust. org/access_use#pd-us-google
? Abend, da an da? mmernder Mauer die Amsel sang,
Der Geist des Fru? hverstorbenen stille im Zimmer
erschien.
0, das Blut, das aus der Kehle des To? nenden rinnt,
Blaue Blume; o die feurige Tra? ne
Geweint in die Nacht.
Goldene Wolke und Zeit. In einsamer Kammer
La? dst du o? fter den Toten zu Gast,
Wandelst in trautem Gespra? ch unter Ulmen den gru? nen
Fluss hinab.
134
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Sich u? ber Unrat, drin die Ratte wu? hlt,
Vom Scharlachglanz der Sterne lau umspu? lt;
Im Garten fallen A? pfel dumpf und weich.
Die Nacht ist schwarz. Gespenstisch bla? ht der Fo? hn
Des wandelnden Knaben weisses Schlafgewand
Und leise greift in seinen Mund die Hand
Der Toten. Sonja la? chelt sanft und scho? n.
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? SONJA
Abend kehrt in alten Garten;
Sonjas Leben, blaue Stille.
Wilder Vo? gel Wanderfahrten;
Kahler Baum in Herbst und Stille.
Sonnenblume, sanftgeneigte
U? ber Sonjas weisses Leben.
Wunde, rote, niegezeigte
La? sst in dunklen Zimmern leben,
Wo die blauen Glocken la? uten;
Sonjas Schritt und sanfte Stille.
Sterbend Tier gru? sst im Entgleiten,
Kahler Baum in Herbst und Stille.
Sonne alter Tage leuchtet
U? ber Sonjas weisse Brauen,
Schnee, der ihre Wangen feuchtet,
Und die Wildnis ihrer Brauen.
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? ENTLANG
Geschnitten sind Korn und Traube,
Der Weiler in Herbst und Ruh.
Hammer und Amboss klingt immerzu,
Lachen in purpurner Laube.
Astern von dunklen Za? unen
Bring dem weissen Kind.
Sag wie lang wir gestorben sind;
Sonne will schwarz erscheinen.
'
Rotes Fischlein im Weiher;
Stirn, die sich fu? rchtig belauscht;
Abendwind leise ans Fenster rauscht,
Blaues Orgelgeleier.
Stern und heimlich Gefunkel
La? sst noch einmal aufschaun.
Erscheinung der Mutter in Schmerz und Graun;
Schwarze Reseden im Dunkel.
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? DER HERBST DES EINSAMEN
Der dunkle Herbst kehrt ein voll Frucht und Fu? lle,
Vergilbter Glanz von scho? nen Sommertagen.
Ein reines Blau tritt aus verfallener Hu? lle;
Der Flug der Vo? gel to? nt von alten Sagen.
Gekeltert ist der Wein, die milde Stille
Erfu? llt von leiser Antwort dunkler Fragen.
Und hier und dort ein Kreuz auf o? dem Hu? gel;
Im roten Wald verliert sich eine Herde.
Die Wolke wandert u? bern Weiherspiegel;
Es ruht des Landmanns ruhige Geberde.
Sehr leise ru? hrt des Abends blauer Flu? gel
Ein Dach von du? rrem Stroh, die schwarze Erde.
Bald nisten Sterne in des Mu? den Brauen;
In ku? hle Stuben kehrt ein still Bescheiden
Und Engel treten leise aus den blauen
Augen der Liebenden, die sanfter leiden.
Es rauscht das Rohr; anfa? llt ein kno? chern Grauen,
Wenn schwarz der Tau tropft von den kahlen Weiden.
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? HERBSTSEELE
Ja? gerruf und Blutgebell;
Hinter Kreuz und braunem Hu? gel
Blindet sacht der Weiherspiegel,
Schreit der Habicht hart und hell.
U? ber Stoppelfeld und Pfad
Banget schon ein schwarzes Schweigen;
Reiner Himmel in den Zweigen;
Nur der Bach rinnt still und stad.
Bald entgleitet Fisch und Wild.
Blaue Seele, dunkles Wandern
Schied uns bald von Lieben, A? ndern.
Abend wechselt Sinn und Bild.
Rechten Lebens Brot und Wein,
Gott in deine milden Ha? nde
Legt der Mensch das dunkle Ende,
Alle Schuld und rote Pein.
122
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? AFRA
Ein Kind mit braunem Haar. Gebet und Amen
Verdunkeln still die abendliche Ku? hle
Und Afras La? cheln rot in gelbem Rahmen
Von Sonnenblumen, Angst und grauer Schwu? le.
Gehu? llt in blauen Mantel sah vor Zeiten
Der Mo? nch sie fromm gemalt an Kirchenfenstern;
Das will in Schmerzen freundlich noch geleiten,
Wenn ihre Sterne durch sein Blut gespenstern.
Herbstuntergang; und des Holunders Schweigen.
Die Stirne ru? hrt des Wassers blaue Regung,
Ein ha? rnes Tuch gelegt auf eine Bahre.
Verfaulte Fru? chte fallen von den Zweigen;
Unsa? glich ist der Vo? gel Flug, Begegnung
Mit Sterbenden; dem folgen durtkle Jahre.
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? EIN WINTERABEND
Wenn der Schnee ans Fenster fa? llt,
Lang die Abendglocke la? utet,
Vielen ist der Tisch bereitet
Und das Haus ist wohlbestellt.
Mancher auf der Wanderschaft
Kommt ans Tor auf dunklen Pfaden.
Golden blu? ht der Baum der Gnaden
Aus der Erde ku? hlem Saft.
Wanderer tritt still herein;
Schmerz versteinerte die Schwelle.
Da ergla? nzt in reiner Helle
Auf dem Tische Brot und Wein.
? ? Generated for (University of Chicago) on 2014-12-16 02:37 GMT / http://hdl. handle. net/2027/inu. 32000007258199 Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www. hathitrust. org/access_use#pd-us-google
? SIEBENGESANG DES TODES
? ? Generated for (University of Chicago) on 2014-12-16 02:37 GMT / http://hdl. handle. net/2027/inu. 32000007258199 Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www. hathitrust. org/access_use#pd-us-google
? ? ? Generated for (University of Chicago) on 2014-12-16 02:37 GMT / http://hdl. handle. net/2027/inu. 32000007258199 Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www. hathitrust. org/access_use#pd-us-google
? VERWANDLUNG DES BO? SEN
Herbst: schwarzes Schreiten am Waldsaum; Minute
stummer Zersto? rung; auf lauscht die Stirne des Aus-
sa? tzigen unter dem kahlen Baum. Langvergangener
Abend, der nun u? ber die Stufen von Moos sinkt; No-
vember. Eine Glocke la? utet und der Hirt fu? hrt eine
Herde von schwarzen und roten Pferden ins Dorf.
Unter dem Haselgebu? sch weidet der gru? ne Ja? ger ein
Wild aus. Seine Ha? nde rauchen von Blut und der
Schatten des Tiers seufzt im Laub u? ber den Augen
des Mannes, braun und schweigsam; der Wald. Kra? hen,
die sich zerstreuen; drei. Ihr Flug gleicht einer Sonate,
voll verblichener Akkorde und ma? nnlicher Schwermut;
leise lo? st sich eine goldene Wolke auf. Bei der Mu? hle
zu? nden Knaben ein Feuer an. Flamme ist des Bleichsten
Bruder und jener lacht vergraben in sein purpurnes Haar;
oder es ist ein Ort des Mordes, an dem ein steiniger Weg
vorbeifu? hrt. Die Berberitzen sind verschwunden, jahr-
lang tra? umt es in bleierner Luft unter den Fo? hren;
Angst, gru? nes Dunkel, das Gurgeln eines Ertrinkenden:
aus dem Sternenweiher zieht der Fischer einen grossen,
schwarzen Fisch, Antlitz voll Grausamkeit und Irrsinn.
Die Stimmen des Rohrs, hadernder Ma? nner im Ru? cken
schaukelt jener auf rotem Kahn u?
ber frierende Herbst-
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? wasser, lebend in dunklen Sagen seines Geschlechts
und die Augen steinern u? ber Na? chte und jungfra? uliche
Schrecken aufgetan. Bo? se.
Was zwingt dich still zu stehen auf der verfallenen
Stiege, im Haus deiner Va? ter? Bleierne Schwa? rze. Was
hebst du mit silberner Hand an die Augen; und die
Lider sinken wie trunken von Mohn? Aber durch die
Mauer von Stein siehst du den Sternenhimmel, die
Milchstrasse, den Saturn; rot. Rasend an die Mauer
von Stein klopft der kahle Baum. Du auf verfallenen
Stufen: Baum, Stern, Stein! Du, ein blaues Tier,
das leise zittert; du, der bleiche Priester, der es hin-
schlachtet am schwarzen Altar. 0 dein La? cheln im
Dunkel, traurig und bo? se, dass ein Kind im Schlaf
erbleicht. Eine rote Flamme sprang aus deiner Hand
und ein Nachtfalter verbrannte daran. 0 die Flo? te des
Lichts; o die Flo? te des Tods. Was zwang dich still
zu stehen auf verfallener Stiege, im Haus deiner Va? ter?
Drunten ans Tor klopft ein Engel mit kristallnem
Finger.
0 die Ho? lle des Schlafs; dunkle Gasse, braunes
Ga? rtchen. Leise la? utet im blauen Abend der Toten
Gestalt. Gru? ne Blu? mchen umgaukeln sie und ihr Antlitz
hat sie verlassen. Oder es neigt sich verblichen u? ber die
kalte Stirne des Mo? rders im Dunkel des Hausflurs;
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? Anbetung, purpurne Flamme der Wollust; hinsterbend
stu? rzte u? ber schwarze Stufen der Schla? fer ins Dunkel.
Jemand verliess dich am Kreuzweg und du schaust
lange zuru? ck. Silberner Schritt im Schatten verkru? ppel-
ter Apfelba? umchen. Purpurn leuchtet die Frucht im
schwarzen Gea? st und im Gras ha? utet sich die Schlange.
O! das Dunkel; der Schweiss, der auf die eisige Stirne
tritt und die traurigen Tra? ume im Wein, in der Dorf-
schenke unter schwarzverrauchtem Geba? lk. Du, noch
Wildnis, die rosige Inseln zaubert aus dem braunen
Tabaksgewo? lk und aus dem Innern den wilden Schrei
eines Greifen holt, wenn er um schwarze Klippen jagt
in Meer, Sturm und Eis. Du, ein gru? nes Metall und
innen ein feuriges Gesicht, das hingehen will und singen
vom Beinerhu? gel finstere Zeiten und den flammenden
Sturz des Engels. 0! Verzweiflung, die mit stummem
Schrei ins Knie bricht.
Ein Toter besucht dich. Aus dem Herzen rinnt
das selbstvergossene Blut und in schwarzer Braue nistet
unsa? glicher Augenblick; dunkle Begegnung. Du -- ein
purpurner Mond, da jener im gru? nen Schatten des
o? lbaums erscheint. Dem folgt unverga? ngliche Nacht.
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? KARL KRAUS
Weisser Hohepriester der Wahrheit,
Kristallne Stimme, in der Gottes eisiger Odem wohnt,
Zu? rnender Magier,
Dem unter flammendem Mantel der blaue Panzer des
Kriegers klirrt.
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? AN DIE VERSTUMMTEN
0, der Wahnsinn der grossen Stadt, da am Abend
An schwarzer Mauer verkru? ppelte Ba? ume starren,
Aus silberner Maske der Geist des Bo? sen schaut:
\7
Licht mit magnetischer Geissel die steinerne Nacht ver-
dra? ngt.
0, das versunkene La? uten der Abendglocken.
Hure, die in eisigen Schauern ein totes Kindlein geba? rt.
Rasend peitscht Gottes Zorn die Stirne des Besessenen,
Purpurne Seuche, Hunger, der gru? ne Augen zerbricht.
0, das gra? ssliche Lachen des Golds.
Aber stille blutet in dunkler Ho? hle stummere Menschheit,
Fu? gt aus harten Metallen das erlo? sende Haupt.
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? ANIF
Erinnerung: Mo? ven, gleitend u? ber den dunklen Himmel
Ma? nnlicher Schwermut.
Stille wohnst du im Schatten der herbstlichen Esche,
Versunken in des Hu? gels gerechtes Mass;
Immer gehst du den gru? nen Fluss hinab,
Wenn es Abend geworden,
To? nende Liebe; friedlich begegnet das dunkle Wild,
Ein rosiger Mensch. Trunken von bla? ulicher Witterung
Ru? hrt die Stirne das sterbende Laub
Und denkt das ernste Antlitz der Mutter;
0, wie alles ins Dunkel hinsinkt;
Die gestrengen Zimmer und das alte Gera? t
Der Va? ter.
Dieses erschu? ttert die Brust des Fremdlings.
0, ihr Zeichen und Sterne.
Gross ist die Schuld des Geborenen. Weh, ihr goldenen
Des Todes, [Schauer
Da die Seele ku? hlere Blu? ten tra? umt.
Immer schreit im kahlen Gezweig der na? chtliche Vogel
U? ber des Mondenen Schritt,
To? nt ein eisiger Wind an den Mauern des Dorfs.
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? AN EINEN FRUHVERSTORBENEN
0, der schwarze Engel, der leise aus dem Innern des
Baums trat,
Da wir sanfte Gespielen am Abend waren,
Am Rand des bla? ulichen Brunnens.
Ruhig war unser Schritt, die runden Augen in der
braunen Ku? hle des Herbstes,
0, die purpurne Su? sse der Sterne.
Jener aber ging die steinernen Stufen des Mo? nchsbergs
hinab,
Ein blaues La? cheln im Antlitz und seltsam verpuppt
In seine stillere Kindheit und starb;
Und im Garten blieb das silberne Antlitz des Freundes
Lauschend im Laub oder im alten Gestein. [zuru? ck,
Seele sang den Tod, die gru? ne Verwesung des Fleisches
Und es war das Rauschen des Walds,
Die inbru? nstige Klage des Wildes.
Immer klangen von da? mmernden Tu? rmen die blauen
Glocken des Abends.
Stunde kam, da jener die Schatten in purpurner Sonne
Die Schatten der Fa? ulnis in kahlem Gea? st; [sah,
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? Abend, da an da? mmernder Mauer die Amsel sang,
Der Geist des Fru? hverstorbenen stille im Zimmer
erschien.
0, das Blut, das aus der Kehle des To? nenden rinnt,
Blaue Blume; o die feurige Tra? ne
Geweint in die Nacht.
Goldene Wolke und Zeit. In einsamer Kammer
La? dst du o? fter den Toten zu Gast,
Wandelst in trautem Gespra? ch unter Ulmen den gru? nen
Fluss hinab.
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