Es ist ein Heidekrug, den am
Nachmittag
ein Be-
trunkener verla?
trunkener verla?
Trakl - Dichtungen
Im Park erblicken zitternd sich Geschwister.
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? MELANCHOLIE
Bla? uliche Schatten. 0 ihr dunklen Augen,
Die lang mich anschaun im Voru? bergleiten.
Gitarrenkla? nge sanft den Herbst begleiten
Im Garten, aufgelo? st in braunen Laugen.
Des Todes ernste Du? sternis bereiten
Nymphische Ha? nde, an roten Bru? sten saugen
Verfallne Lippen und in schwarzen Laugen
Des Sonnenju? nglings feuchte Locken gleiten.
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? IN DEN NACHMITTAG GEFLU? STERT
Sonne, herbstlich du? nn und zag,
Und das Obst fa? llt von den Ba? umen.
Stille wohnt in blauen Ra? umen
Einen langen Nachmittag.
Sterbekla? nge von Metall;
Und ein weisses Tier bricht nieder.
Brauner Ma? dchen rauhe Lieder
Sind verweht im Bla? tterfall.
Stirne Gottes Farben tra? umt,
Spu? rt des Wahnsinns sanfte Flu? gel.
Schatten drehen sich am Hu? gel
Von Verwesung schwarz umsa? umt.
Da? mmerung voll Ruh und Wein;
Traurige Gitarren rinnen.
Und zur milden Lampe drinnen
Kehrst du wie im Traume ein.
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? IN EIN ALTES STAMMBUCH
Immer wieder kehrst du Melancholie,
O Sanftmut der einsamen Seele.
Zu Ende glu? ht ein goldener Tag.
Demutsvoll beugt sich dem Schmerz der Geduldige
To? nend von Wohllaut und weichem Wahnsinn.
Siehe! es da? mmert schon.
Wieder kehrt die Nacht und klagt ein Sterbliches
Und es leidet ein anderes mit.
Schaudernd unter herbstlichen Sternen
Neigt sich ja? hrlich tiefer das Haupt.
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? DE PROFUNDIS
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? VORSTADT IM FO? HN
Am Abend liegt die Sta? tte o? d und braun,
Die Luft von gra? ulichem Gestank durchzogen.
Das Donnern eines Zugs vom Bru? ckenbogen --
Und Spatzen flattern u? ber Busch und Zaun.
Geduckte Hu? tten, Pfade wirr verstreut,
In Ga? rten Durcheinander und Bewegung,
Bisweilen schwillt Geheul aus dumpfer Regung,
In einer Kinderschar fliegt rot ein Kleid.
Am Kehricht pfeift verliebt ein Ratteiichor.
In Ko? rben tragen Frauen Eingeweide,
Ein ekelhafter Zug voll Schmutz und Ra? ude,
Kommen sie aus der Da? mmerung hervor.
Und ein Kanal speit plo? tzlich feistes Blut
Vom Schlachthaus in den stillen Fluss hinunter.
Die Fo? hne fa? rben karge Stauden bunter
Und langsam kriecht die Ro? te durch die Flut.
Ein Flu? stern, das in tru? bem Schlaf ertrinkt.
Gebilde gaukeln auf aus Wassergra? ben,
Vielleicht Erinnerung an ein fru? heres Leben,
Die mit den warmen Winden steigt und sinkt.
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? Aus Wolken tauchen schimmernde Alleen,
Erfu? llt von scho? nen Wa? gen, ku? hnen Reitern.
Dann sieht man auch ein Schiff auf Klippen scheitern
Und manchmal rosenfarbene Moscheen.
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? MENSCHLICHES ELEND
Die Uhr, die vor der Sonne fu? nfe schla? gt --
Einsame Menschen packt ein dunkles Grausen,
Im Abendgarten kahle Ba? ume sausen.
Des Toten Antlitz sich am Fenster regt.
Vielleicht, dass diese Stunde stille steht.
Vor tru? ben Augen blaue Bilder gaukeln
Im Takt der Schiffe, die am Flusse schaukeln.
Am Kai ein Schwesternzug voru? berweht.
Im Hasel spielen Ma? dchen blass und blind,
Wie Liebende, die sich im Schlaf umschlingen.
Vielleicht, dass um ein Aas dort Fliegen singen,
Vielleicht auch weint im Mutterschoss ein Kind.
Aus Ha? nden sinken Astern blau und rot,
Des Ju? nglings Mund entgleitet fremd und weise;
Und Lider flattern angstverwirrt und leise;
Durch Fieberschwa? rze weht ein Duft von Brot.
Es scheint, man ho? rt auch gra? ssliches Geschrei:
Gebeine durch verfallne Mauern schimmern.
Ein bo? ses Herz lacht laut in scho? nen Zimmern;
An einem Tra? umer la? uft ein Hund vorbei.
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? Ein leerer Sarg im Dunkel sich verliert.
Dem Mo? rder will ein Raum sich bleich erhellen,
Indes Laternen nachts im Sturm zerschellen.
Des Edlen weisse Schla? fe Lorbeer ziert.
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? PSALM
Karl Kraus zugeeignet
Es ist ein Licht, das der Wind ausgelo? scht hat.
Es ist ein Heidekrug, den am Nachmittag ein Be-
trunkener verla? sst.
Es ist ein Weinberg, verbrannt und schwarz mit Lo? chern
voll Spinnen.
Es ist ein Raum, den sie mit Milch getu? ncht haben.
Der Wahnsinnige ist'gestorben. Es ist eine Insel der
Su? dsee,
Den Sonnengott zu empfangen. Man ru? hrt die Trommeln.
Die Ma? nner fu? hren kriegerische Ta? nze auf.
Die Frauen wiegen die Hu? ften in Schlinggewa? chsen und
Feuerblumen,
Wenn das Meer singt. 0 unser verlorenes Paradies.
Die Nymphen haben die goldenen Wa? lder verlassen.
Man begra? bt den Fremden. Dann hebt ein Flimmer-
regen an.
Der Sohn des Pan erscheint in Gestalt eines Erdarbeiters,
Der den Mittag am glu? henden Asphalt verschla? ft.
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? Es sind kleine Ma? dchen in einem Hof in Kleidchen voll
herzzerreissender Armut!
Es sind Zimmer, erfu? llt von Akkorden und Sonaten.
Es sind Schatten, die sich vor einem erblindeten Spiegel
umarmen.
An den Fenstern des Spitals wa? rmen sich Genesende.
Ein weisser Dampfer am Kanal tra? gt blutige Seuchen
herauf.
Die fremde Schwester erscheint wieder in jemands
bo? sen Tra? umen.
Ruhend im Haselgebu? sch spielt sie mit seinen Sternen.
Der Student, vielleicht ein Doppelga? nger, schaut ihr
lange vom Fenster nach.
Hinter ihm steht sein toter Bruder, oder er geht die alte
Wendeltreppe herab.
Im Dunkel brauner Kastanien verblasst die Gestalt des
jungen Novizen.
Der Garten ist im Abend. Im Kreuzgang flattern die
Flederma? use umher.
Die Kinder des Hausmeisters ho? ren zu spielen auf und
suchen das Gold des Himmels.
Endakkorde eines Quartetts. Die kleine Blinde la? uft
zitternd durch die Allee,
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? Und spa? ter tastet ihr Schatten an kalten Mauern hin,
umgeben von Ma? rchen und heiligen Legenden.
Es ist ein leeres Boot, das am Abend den schwarzen Kanal
heruntertreibt.
In der Du? sternis des alten Asyls verfallen menschliche
Ruinen.
Die toten Waisen liegen an der Gartenmauer.
Aus grauen Zimmern treten Engel mit kotgefleckten
| Flu? geln.
Wu? rmer tropfen von ihren vergilbten Lidern.
Der Platz vor der Kirche ist finster und schweigsam,
wie in den Tagen der Kindheit.
Auf silbernen Sohlen gleiten fru? here Leben vorbei
Und die Schatten der Verdammten steigen zu den
seufzenden Wassern nieder.
In seinem Grab spielt der weisse Magier mit seinen
Schlangen.
** *
Schweigsam u? ber der Scha? delsta? tte o? ffnen sich Gottes
goldene Augen.
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? VERWANDLUNG
Entlang an Ga? rten, herbstlich, rotversengt:
Hier zeigt im Stillen sich ein tu? chtig Leben.
Des Menschen Ha? nde tragen braune Reben,
Indes der sanfte Schmerz im Blick sich senkt.
Am Abend: Schritte gehn durch schwarzes Land
Erscheinender in roter Buchen Schweigen.
Ein blaues Tier will sich vorm Tod verneigen
Und grauenvoll verfa? llt ein leer Gewand.
Geruhiges vor einer Schenke spielt,
Ein Antlitz ist berauscht ins Gras gesunken.
Holunderfru? chte, Flo? ten weich und trunken,
Resedenduft, der Weibliches umspu? lt.
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? DA? MMERUNG
Im Hof, verhext von milchigem Da? mmerschein,
Durch Herbstgebra? untes weiche Kranke gleiten.
Ihr wa? chsern-runder Blick sinnt goldner Zeiten,
Erfu? llt von Tra? umerei und Ruh und Wein.
Ihr Siechentum schliesst geisterhaft sich ein.
Die Sterne weisse Traurigkeit verbreiten.
Im Grau, erfu? llt von Ta? uschung und Gela? uten,
Sieh, wie die Schrecklichen sich wirr zerstreun.
Formlose Spottgestalten huschen, kauern
Und flattern sie auf schwarz-gekreuzten Pfaden.
0! trauervolle Schatten an den Mauern.
Die andern fliehn durch dunkelnde Arkaden;
Und na? chtens stu? rzen sie aus roten Schauern
Des Sternenwinds, gleich rasenden Ma? naden.
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? TRU? BSINN
Weltunglu? ck geistert durch den Nachmittag.
Baracken fliehn durch Ga? rtchen braun und wu? st.
Lichtschnuppen gaukeln um verbrannten Mist,
Zwei Schla? fer schwanken heimwa? rts, grau und vag.
Auf der verdorrten Wiese la? uft ein Kind
Und spielt mit seinen Augen schwarz und glatt.
Das Gold tropft von den Bu? schen tru? b und matt.
Ein alter Mann dreht traurig sich im Wind.
Am Abend wieder u? ber meinem Haupt
Saturn lenkt stumm ein elendes Geschick.
Ein Baum, ein Hund tritt hinter sich zuru? ck
Und schwarz schwankt Gottes Himmel und entlaubt.
Ein Fischlein gleitet schnell hinab den Bach;
Und leise ru? hrt des toten Freundes Hand
Und gla? ttet liebend Stirne und Gewand.
Ein Licht ruft Schatten in den Zimmern wach.
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? DE PROFUNDIS
Es ist ein Stoppelfeld, in das ein schwarzer Regen fa? llt.
Es ist ein brauner Baum, der einsam dasteht.
Es ist ein Zischelwind, der leere Hu? tten umkreist --
Wie traurig dieser Abend.
Am Weiler vorbei
Sammelt die sanfte Waise noch spa? rliche A? hren ein.
Ihre Augen weiden rund und goldig in der Da? mmerung
Und ihr Schoss harrt des himmlischen Bra? utigams.
Bei der Heimkehr
Fanden die Hirten den su? ssen Leib
Verwest im Dornenbusch.
Ein Schatten bin ich ferne finsteren Do? rfern.
Gottes Schweigen
Trank ich aus dem Brunnen des Hains.
Auf meine Stirne tritt kalte's Metall.
Spinnen suchen mein Herz.
Es ist ein Licht, das in meinem Mund erlo? scht.
Nachts fand ich mich auf einer Heide,
Starrend von Unrat und Staub der Sterne.
Im Haselgebu? sch
Klangen wieder kristallne Engel.
5* 67
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