Im Hader dunkle Stimmen starben,
Narziss im Endakkord von Flo?
Narziss im Endakkord von Flo?
Trakl - Dichtungen
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? HEITERER FRU? HLING
1.
Am Bach, der durch das gelbe Brachfeld fliesst,
Zieht noch das du? rre Rohr vom vorigen Jahr.
Durchs Graue gleiten Kla? nge wunderbar,
Voru? berweht ein Hauch von warmem Mist.
An Weiden baumeln Ka? tzchen sacht im Wind,
Sein traurig Lied singt tra? umend ein Soldat.
Ein Wiesenstreifen saust verweht und matt,
Ein Kind steht in Konturen weich und lind.
Die Birken dort, der schwarze Dornenstrauch,
Auch fliehn im Rauch Gestalten aufgelo? st.
Hell Gru? nes blu? ht und anderes verwest
Und Kro? ten schliefen durch den jungen Lauch.
2.
Dich lieb ich treu, du derbe Wa? scherin.
Noch tra? gt die Flut des Himmels goldene Last.
Ein Fischlein blitzt voru? ber und verblasst;
Ein wa? chsern Antlitz fliesst durch Erlen hin.
In Ga? rten sinken Glocken lang und leis,
Ein kleiner Vogel tra? llert wie verru? ckt.
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? Das sanfte Korn schwillt leise und verzu? ckt
Und Bienen sammeln noch mit ernstem Fleiss.
Komm Liebe nun zum mu? den Arbeitsmann!
In seine Hu? tte fa? llt ein lauer Strahl.
Der Wald stro? mt durch den Abend herb und fahl
Und Knospen knistern heiter dann und wann.
3.
Wie scheint doch alles Werdende so krank!
Ein Fieberhauch um einen Weiler kreist:
Doch aus Gezweigen winkt ein sanfter Geist
Und o? ffnet das Gemu? te weit und bang.
Ein blu? hender Erguss verrinnt sehr sacht
Und Ungebornes pflegt der eignen Ruh.
Die Liebenden blu? hn ihren Sternen zu
Und su? sser fliesst ihr Odem durch die Nacht.
So schmerzlich gut und wahrhaft ist, was lebt;
Und leise ru? hrt dich an ein alter Stein:
Wahrlich! Ich werde immer bei euch sein.
O Mund! der durch die Silberweide bebt.
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? DER SPAZIERGANG
1.
Musik summt im Geho? lz am Nachmittag.
Im Korn sich ernste Vogelscheuchen drehn.
Holunderbu? sche sacht am Weg verwehn;
Ein Haus zerflimmert wunderlich und vag.
In Goldnem schwebt ein Duft von Thymian,
Auf einem Stein steht eine heitere Zahl.
Auf einer Wiese spielen Kinder Ball,
Dann hebt ein Baum vor dir zu kreisen an.
Du tra? umst: die Schwester ka? mmt ihr blondes Haar,
Auch schreibt ein ferner Freund dir einen Brief.
Ein Schober flieht durchs Grau vergilbt und schief
Und manchmal schwebst du leicht und wunderbar.
2.
Die Zeit verrinnt. 0 su? sser Helios!
O Bild im Kro? tentu? mpel su? ss und klar;
Im Sand versinkt ein Eden wunderbar.
Goldammern wiegt ein Busch in seinem Schoss.
Ein Bruder stirbt dir in verwunschnem Land
Und sta? hlern schaun dich seine Augen an.
In Goldnem dort ein Duft von Thymian.
Ein Knabe legt am Weiler einen Brand.
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? Die Liebenden in Faltern neu erglu? hn
Und schaukeln heiter hin um Stein und Zahl.
Aufflattern Kra? hen um ein ekles Mahl
Und deine Stirne tost durchs sanfte Gru? n.
Im Dornenstrauch verendet weich ein Wild.
Nachgleitet dir ein heller Kindertag,
Der graue Wind, der flatterhaft und vag
Verfallne Du? fte durch die Da? mmerung spu? lt.
3.
Ein altes Wiegenlied macht dich sehr bang.
Am Wegrand fromm ein Weib ihr Kindlein stillt.
Traum wandelnd ho? rst du wie ihr Bronnen quillt.
Aus Apfelzweigen fa? llt ein Weiheklang.
Und Brot und Wein sind su? ss von harten Mu? hn.
Nach Fru? chten tastet silbern deine Hand.
Die tote Rahel geht durchs Ackerland.
Mit friedlicher Geba? rde winkt das Gru? n.
Gesegnet auch blu? ht armer Ma? gde Schoss,
Die tra? umend dort am alten Brunnen stehn.
Einsame froh auf stillen Pfaden gehn
Mit Gottes Kreaturen su? ndelos.
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? SEELE DES LEBENS
Verfall, der weich das Laub umdu? stert,
Es wohnt im Wald sein weites Schweigen.
Bald scheint ein Dorf sich geisterhaft zu neigen.
Der Schwester Mund in schwarzen Zweigen flu? stert.
Der Einsame wird bald entgleiten,
Vielleicht ein Hirt auf dunklen Pfaden.
Ein Tier tritt leise aus den Baumarkaden,
Indes die Lider sich vor Gottheit weiten.
Der blaue Fluss rinnt scho? n hinunter,
Gewo? lke sich am Abend zeigen;
Die Seele auch in engelhaftem Schweigen.
Verga? ngliche Gebilde gehen unter.
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? KLEINES KONZERT
Ein Rot, das traumhaft dich erschu? ttert --
Durch deine Ha? nde scheint die Sonne.
Du fu? hlst dein Herz verru? ckt vor Wonne
Sich still zu einer Tat bereiten.
In Mittag stro? men gelbe Felder.
Kaum ho? rst du noch der Grillen Singen,
Der Ma? her hartes Sensenschwingen.
. Einfa? ltig schweigen goldene Wa? lder.
Im gru? nen Tu? mpel glu? ht Verwesung.
Die Fische stehen still. Gotts Odem
Weckt sacht ein Saitenspiel im Brodem.
Aussa? tzigen winkt die Flut Genesung.
Geist Da? dals schwebt in blauen Schatten,
Ein Duft von Milch in Haselzweigen.
Man ho? rt noch lang den Lehrer geigen,
Im leeren Hof den Schrei der Ratten.
Im Krug an scheusslichen Tapeten
Blu? hn ku? hlere Violenfarben.
Im Hader dunkle Stimmen starben,
Narziss im Endakkord von Flo? ten.
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? ROMANZE ZUR NACHT
Einsamer unterm Sternenzelt
Geht durch die stille Mitternacht.
Der Knab aus Tra? umen wirr erwacht,
Sein Antlitz grau im Mond verfa? llt.
Die Na? rrin weint mit offnem Haar
Am Fenster, das vergittert starrt.
Im Teich vorbei auf su? sser Fahrt
Ziehn Liebende sehr wunderbar.
Der Mo? rder la? chelt bleich im Wein,
Die Kranken Todesgrausen packt.
Die Nonne betet wund und nackt
Vor des Heilands Kreuzespein.
Die Mutter leis im Schlafe singt.
Sehr friedlich schaut zur Nacht das Kind
Mit Augen, die ganz wahrhaft sind.
Im Hurenhaus Gela? chter klingt.
Beim Talglicht drunt' im Kellerloch
Der Tote malt mit weisser Hand
Ein grinsend Schweigen an die Wand.
Der Schla? fer flu? stert immer noch.
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? ABENDMUSE
Ans Blumenfenster wieder kehrt des Kirchturms
Schatten
Und Goldnes. Die heisse Stirn verglu? ht in Ruh und
Schweigen.
Ein Brunnen fa? llt im Dunkel von Kastanienzweigen --
Da fu? hlst du: es ist gut! in schmerzlichem Ermatten.
Der Markt ist leer von Sommerfru? chten und Gewinden.
Eintra? chtig stimmt der Tore schwa? rzliches Gepra? nge.
In einem Garten to? nen sanften Spieles Kla? nge,
Wo Freunde nach dem Mahle sich zusammenfinden.
Des weissen Magiers Ma? rchen lauscht die Seele gerne.
Rund saust das Korn, das Ma? her nachmittags geschnitten.
Geduldig schweigt das harte Leben in den Hu? tten;
Der Ku? he linden Schlaf bescheint die Stallaterne.
Von Lu? ften trunken sinken balde ein die Lider
Und o? ffnen leise sich zu fremden Sternenzeichen.
Endymion taucht aus dem Dunkel alter Eichen
Und beugt sich u? ber trauervolle Wasser nieder.
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? WINKEL AM WALD
An Karl Minnich
Braune Kastanien. Leise gleiten die alten Leute
In stilleren Abend; weich verwelken scho? ne Bla? tter.
Am Friedhof scherzt die Amsel mit dem toten Vetter,
Angelen gibt der blonde Lehrer das Geleite.
Des Todes reine Bilder schaun von Kirchenfenstern;
Doch wirkt ein blutiger Grund sehr trauervoll und du? ster.
Das Tor blieb heut verschlossen. Den Schlu? ssel hat der
Ku? ster.
Im Garten spricht die Schwester freundlich mit Ge-
spenstern.
In alten Kellern reift der Wein ins Goldne, Klare.
Su? ss duften A? pfel. Freude gla? nzt nicht allzu ferne.
Den langen Abend ho? ren Kinder Ma? rchen gerne;
Auch zeigt sich sanftem Wahnsinn oft das Goldne,
Wahre.
Das Blau fliesst voll Reseden; in Zimmern Kerzenhelle.
Bescheidenen ist ihre Sta? tte wohl bereitet.
Den Saum des Walds hinab ein einsam Schicksal gleitet;
Die Nacht erscheint, der Ruhe Engel, auf der Schwelle.
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? VERKLA? RTER HERBST
Gewaltig endet so das Jahr
Mit goldnem Wein und Frucht der Ga? rten.
Rund schweigen Wa? lder wunderbar
Und sind des Einsamen Gefa? hrten.
Da sagt der Landmann: Es ist gut.
Ihr Abendglocken lang und leise
Gebt noch zum Ende frohen Mut.
Ein Vogelzug gru? sst auf der Reise.
Es ist der Liebe milde Zeit.
Im Kahn den blauen Fluss hinunter
Wie scho? n sich Bild an Bildchen reiht --
Das geht in Ruh und Schweigen unter.
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? DIE BAUERN
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? DIE RABEN
U? ber den schwarzen Winkel hasten
Am Mittag die Raben mit hartem Schrei.
Ihr Schatten streift an der Hirschkuh vorbei
Und manchmal sieht man sie mu? rrisch rasten.
0 wie sie die braune Stille sto? ren,
In der ein Acker sich verzu? ckt,
Wie ein Weib, das schwere Ahnung beru? ckt,
Und manchmal kann man sie keifen ho? ren
Um ein Aas, das sie irgendwo wittern,
Und plo? tzlich richten nach Nord sie den Flug
Und schwinden wie ein Leichenzug
In Lu? ften, die von Wollust zittern.
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? IM WINTER
Der Acker leuchtet weiss und kalt.
Der Himmel ist einsam und ungeheuer.
Dohlen kreisen u? ber dem Weiher
Und Ja? ger steigen nieder vom Wald.
Ein Schweigen in schwarzen Wipfeln wohnt.
Ein Feuerschein huscht aus den Hu? tten.
Bisweilen schellt sehr fern ein Schlitten
Und langsam steigt der graue Mond.
Ein Wild verblutet sanft am Rain
Und Raben pla? tschern in blutigen Gossen.
Das Rohr bebt gelb und aufgeschossen.
Frost, Rauch, ein Schritt im leeren Hain.
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? DIE BAUERN
Vorm Fenster to? nendes Gru? n und Rot.
Im schwar/verra? ucherten, niederen Saal
Sitzen die Knechte und Ma? gde beim Mahl;
Und sie schenken den Wein und sie brechen das Brot.
Im tiefen Schweigen der Mittagszeit
Fa? llt bisweilen ein karges Wort.
Die A? cker flimmern in einem fort
Und der Himmel bleiern und weit.
Fratzenhaft flackert im Herd die Glut
Und ein Schwarm von Fliegen summt.
Die Ma? gde lauschen blo? d und verstummt
Und ihre Schla? fen ha? mmert das Blut.
Und manchmal treffen sich Blicke voll Gier,
Wenn tierischer Dunst die Stube durchweht.
