entrollst
du gar ein wurdig Pergamen,
So steigt der ganze Himmel zu dir nieder.
So steigt der ganze Himmel zu dir nieder.
Goethe - Faust- Der Tragödie erster Teil
Was man nicht nutzt, ist eine schwere Last,
Nur was der Augenblick erschafft, das kann er nutzen.
Doch warum heftet sich mein Blick auf jene Stelle?
Ist jenes Flaschchen dort den Augen ein Magnet?
Warum wird mir auf einmal lieblich helle,
Als wenn im nacht'gen Wald uns Mondenglanz umweht?
Ich grusse dich, du einzige Phiole,
Die ich mit Andacht nun herunterhole!
In dir verehr ich Menschenwitz und Kunst.
Du Inbegriff der holden Schlummersafte,
Du Auszug aller todlich feinen Krafte,
Erweise deinem Meister deine Gunst!
Ich sehe dich, es wird der Schmerz gelindert,
Ich fasse dich, das Streben wird gemindert,
Des Geistes Flutstrom ebbet nach und nach.
Ins hohe Meer werd ich hinausgewiesen,
Die Spiegelflut erglanzt zu meinen Fussen,
Zu neuen Ufern lockt ein neuer Tag.
Ein Feuerwagen schwebt, auf leichten Schwingen,
An mich heran! Ich fuhle mich bereit,
Auf neuer Bahn den Ather zu durchdringen,
Zu neuen Spharen reiner Tatigkeit.
Dies hohe Leben, diese Gotterwonne!
Du, erst noch Wurm, und die verdienest du?
Ja, kehre nur der holden Erdensonne
Entschlossen deinen Rucken zu!
Vermesse dich, die Pforten aufzureissen,
Vor denen jeder gern voruberschleicht!
Hier ist es Zeit, durch Taten zu beweisen,
Das Manneswurde nicht der Gotterhohe weicht,
Vor jener dunkeln Hohle nicht zu beben,
In der sich Phantasie zu eigner Qual verdammt,
Nach jenem Durchgang hinzustreben,
Um dessen engen Mund die ganze Holle flammt;
Zu diesem Schritt sich heiter zu entschliessen,
Und war es mit Gefahr, ins Nichts dahin zu fliessen.
Nun komm herab, kristallne reine Schale!
Hervor aus deinem alten Futterale,
An die ich viele Jahre nicht gedacht!
Du glanzetst bei der Vater Freudenfeste,
Erheitertest die ernsten Gaste,
Wenn einer dich dem andern zugebracht.
Der vielen Bilder kunstlich reiche Pracht,
Des Trinkers Pflicht, sie reimweis zu erklaren,
Auf einen Zug die Hohlung auszuleeren,
Erinnert mich an manche Jugendnacht.
Ich werde jetzt dich keinem Nachbar reichen,
Ich werde meinen Witz an deiner Kunst nicht zeigen.
Hier ist ein Saft, der eilig trunken macht;
Mit brauner Flut erfullt er deine Hohle.
Den ich bereit, den ich wahle,
"Der letzte Trunk sei nun, mit ganzer Seele,
Als festlich hoher Gruss, dem Morgen zugebracht!
(Er setzt die Schale an den Mund. )
Glockenklang und Chorgesang.
CHOR DER ENGEL:
Christ ist erstanden!
Freude dem Sterblichen,
Den die verderblichen,
Schleichenden, erblichen
Mangel unwanden.
FAUST:
Welch tiefes Summen, welch heller Ton
Zieht mit Gewalt das Glas von meinem Munde?
Verkundigt ihr dumpfen Glocken schon
Des Osterfestes erste Feierstunde?
Ihr Chore, singt ihr schon den trostlichen Gesang,
Der einst, um Grabes Nacht, von Engelslippen klang,
Gewissheit einem neuen Bunde?
CHOR DER WEIBER:
Mit Spezereien
Hatten wir ihn gepflegt,
Wir seine Treuen
Hatten ihn hingelegt;
Tucher und Binden
Reinlich unwanden wir,
Ach! und wir finden
Christ nicht mehr hier.
CHOR DER ENGEL:
Christ ist erstanden!
Selig der Liebende,
Der die betrubende,
Heilsam und ubende
Prufung bestanden.
FAUST:
Was sucht ihr, machtig und gelind,
Ihr Himmelstone, mich am Staube?
Klingt dort umher, wo weiche Menschen sind.
Die Botschaft hor ich wohl, allein mir fehlt der Glaube;
Das Wunder ist des Glaubens liebstes Kind.
Zu jenen Spharen wag ich nicht zu streben,
Woher die holde Nachricht tont;
Und doch, an diesen Klang von Jugend auf gewohnt,
Ruft er auch jetzt zuruck mich in das Leben.
Sonst sturzte sich der Himmelsliebe Kuss
Auf mich herab in ernster Sabbatstille;
Da klang so ahnungsvoll des Glockentones Fulle,
Und ein Gebet war brunstiger Genuss;
Ein unbegreiflich holdes Sehnen
Trieb mich, durch Wald und Wiesen hinzugehn,
Und unter tausend heissen Tranen
Fuhlt ich mir eine Welt entstehn.
Dies Lied verkundete der Jugend muntre Spiele,
Der Fruhlingsfeier freies Gluck;
Erinnrung halt mich nun, mit kindlichem Gefuhle,
Vom letzten, ernsten Schritt zuruck.
O tonet fort, ihr sussen Himmelslieder!
Die Trane quillt, die Erde hat mich wieder!
CHOR DER JUNGER:
Hat der Begrabene
Schon sich nach oben,
Lebend Erhabene,
Herrlich erhoben;
Ist er in Werdeluft
Schaffender Freude nah:
Ach! an der Erde Brust
Sind wir zum Leide da.
Liess er die Seinen
Schmachtend uns hier zuruck;
Ach! wir beweinen,
Meister, dein Gluck!
CHOR DER ENGEL:
Christ ist erstanden,
Aus der Verwesung Schoss.
Reisset von Banden
Freudig euch los!
Tatig ihn preisenden,
Liebe beweisenden,
Bruderlich speisenden,
Predigend reisenden,
Wonne verheissenden
Euch ist der Meister nah,
Euch ist er da!
Vor dem Tor
Spazierganger aller Art ziehen hinaus.
EINIGE HANDWERKSBURSCHE:
Warum denn dort hinaus?
ANDRE:
Wir gehn hinaus aufs Jagerhaus.
DIE ERSTEN:
Wir aber wollen nach der Muhle wandern.
EIN HANDWERKSBURSCH:
Ich rat euch, nach dem Wasserhof zu gehn.
ZWEITER:
Der Weg dahin ist gar nicht schon.
DIE ZWEITEN:
Was tust denn du?
EIN DRITTER:
Ich gehe mit den andern.
VIERTER:
Nach Burgdorf kommt herauf, gewiss dort findet ihr
Die schonsten Madchen und das beste Bier,
Und Handel von der ersten Sorte.
FUNFTER:
Du uberlustiger Gesell,
Juckt dich zum drittenmal das Fell?
Ich mag nicht hin, mir graut es vor dem Orte.
DIENSTMADCHEN:
Nein, nein! ich gehe nach der Stadt zuruck.
ANDRE:
Wir finden ihn gewiss bei jenen Pappeln stehen.
ERSTE:
Das ist fur mich kein grosses Gluck;
Er wird an deiner Seite gehen,
Mit dir nur tanzt er auf dem Plan.
Was gehn mich deine Freuden an!
ANDRE:
Heut ist er sicher nicht allein,
Der Krauskopf, sagt er, wurde bei ihm sein.
SCHULER:
Blitz, wie die wackern Dirnen schreiten!
Herr Bruder, komm! wir mussen sie begleiten.
Ein starkes Bier, ein beizender Toback,
Und eine Magd im Putz, das ist nun mein Geschmack.
BURGERMADCHEN:
Da sieh mir nur die schonen Knaben!
Es ist wahrhaftig eine Schmach:
Gesellschaft konnten sie die allerbeste haben,
Und laufen diesen Magden nach!
ZWEITER SCHULER (zum ersten):
Nicht so geschwind! dort hinten kommen zwei,
Sie sind gar niedlich angezogen,
's ist meine Nachbarin dabei;
Ich bin dem Madchen sehr gewogen.
Sie gehen ihren stillen Schritt
Und nehmen uns doch auch am Ende mit.
ERSTER:
Herr Bruder, nein! Ich bin nicht gern geniert.
Geschwind! dass wir das Wildbret nicht verlieren.
Die Hand, die samstags ihren Besen fuhrt
Wird sonntags dich am besten karessieren.
BURGER:
Nein, er gefallt mir nicht, der neue Burgemeister!
Nun, da er's ist, wird er nur taglich dreister.
Und fur die Stadt was tut denn er?
Wird es nicht alle Tage schlimmer?
Gehorchen soll man mehr als immer,
Und zahlen mehr als je vorher.
BETTLER (singt):
Ihr guten Herrn, ihr schonen Frauen,
So wohlgeputzt und backenrot,
Belieb es euch, mich anzuschauen,
Und seht und mildert meine Not!
Lasst hier mich nicht vergebens leiern!
Nur der ist froh, der geben mag.
Ein Tag, den alle Menschen feiern,
Er sei fur mich ein Erntetag.
ANDRER BURGER:
Nichts Bessers weiss ich mir an Sonn- und Feiertagen
Als ein Gesprach von Krieg und Kriegsgeschrei,
Wenn hinten, weit, in der Turkei,
Die Volker aufeinander schlagen.
Man steht am Fenster, trinkt sein Glaschen aus
Und sieht den Fluss hinab die bunten Schiffe gleiten;
Dann kehrt man abends froh nach Haus,
Und segnet Fried und Friedenszeiten.
DRITTER BURGER:
Herr Nachbar, ja! so lass ich's auch geschehn:
Sie mogen sich die Kopfe spalten,
Mag alles durcheinander gehn;
Doch nur zu Hause bleib's beim alten.
ALTE (zu den Burgermadchen):
Ei! wie geputzt! das schone junge Blut!
Wer soll sich nicht in euch vergaffen? -
Nur nicht so stolz! es ist schon gut!
Und was ihr wunscht, das wusst ich wohl zu schaffen.
BURGERMADCHEN:
Agathe, fort! ich nehme mich in acht,
Mit solchen Hexen offentlich zu gehen;
Sie liess mich zwar in Sankt Andreas' Nacht
Den kunft'gen Liebsten leiblich sehen-
DIE ANDRE:
Mir zeigte sie ihn im Kristall,
Soldatenhaft, mit mehreren Verwegnen;
Ich seh mich um, ich such ihn uberall,
Allein mir will er nicht begegnen.
SOLDATEN:
Burgen mit hohen
Mauern und Zinnen,
Madchen mit stolzen
Hohnenden Sinnen
Mocht ich gewinnen!
Kuhn ist das Muhen,
Herrlich der Lohn!
Und die Trompete
Lassen wir werben,
Wie zu der Freude,
So zum Verderben.
Das ist ein Sturmen!
Das ist ein Leben!
Madchen und Burgen
Mussen sich geben.
Kuhn ist das Muhen,
Herrlich der Lohn!
Und die Soldaten
Ziehen davon.
Faust und Wagner.
FAUST:
Vom Eise befreit sind Strom und Bache
Durch des Fruhlings holden, belebenden Blick;
Im Tale grunet Hoffnungsgluck;
Der alte Winter, in seiner Schwache,
Zog sich in rauhe Berge zuruck.
Von dorther sendet er, fliehend, nur
Ohnmachtige Schauer kornigen Eises
In Streifen uber die grunende Flur;
Aber die Sonne duldet kein Weisses,
Uberall regt sich Bildung und Streben,
Alles will sie mit Farben beleben;
Doch an Blumen fehlt's im Revier
Sie nimmt geputzte Menschen dafur.
Kehre dich um, von diesen Hohen
Nach der Stadt zuruckzusehen.
Aus dem hohlen finstern Tor
Dringt ein buntes Gewimmel hervor.
Jeder sonnt sich heute so gern.
Sie feiern die Auferstehung des Herrn,
Denn sie sind selber auferstanden,
Aus niedriger Hauser dumpfen Gemachern,
Aus Handwerks- und Gewerbesbanden,
Aus dem Druck von Giebeln und Dachern,
Aus der Strassen quetschender Enge,
Aus der Kirchen ehrwurdiger Nacht
Sind sie alle ans Licht gebracht.
Sieh nur, sieh! wie behend sich die Menge
Durch die Garten und Felder zerschlagt,
Wie der Fluss, in Breit und Lange
So manchen lustigen Nachen bewegt,
Und bis zum Sinken uberladen
Entfernt sich dieser letzte Kahn.
Selbst von des Berges fernen Pfaden
Blinken uns farbige Kleider an.
Ich hore schon des Dorfs Getummel,
Hier ist des Volkes wahrer Himmel,
Zufrieden jauchzet gross und klein:
Hier bin ich Mensch, hier darf ich's sein!
WAGNER:
Mit Euch, Herr Doktor, zu spazieren
Ist ehrenvoll und ist Gewinn;
Doch wurd ich nicht allein mich her verlieren,
Weil ich ein Feind von allem Rohen bin.
Das Fiedeln, Schreien, Kegelschieben
Ist mir ein gar verhasster Klang;
Sie toben wie vom bosen Geist getrieben
Und nennen's Freude. nennen's Gesang.
Bauern unter der Linde. Tanz und Gesang.
Der Schafer putzte sich zum Tanz,
Mit bunter Jacke, Band und Kranz,
Schmuck war er angezogen.
Schon um die Linde war es voll,
Und alles tanzte schon wie toll.
Juchhe! Juchhe!
Juchheisa! Heisa! He!
So ging der Fiedelbogen.
Er druckte hastig sich heran,
Da stiess er an ein Madchen an
Mit seinem Ellenbogen;
Die frische Dirne kehrt, sich um
Und sagte: Nun, das find ich dumm!
Juchhe! Juchhe!
Juchheisa! Heisa! He!
Seid nicht so ungezogen!
Doch hurtig in dem Kreise ging's,
Sie tanzten rechts, sie tanzten links,
Und alle Rocke flogen.
Sie wurden rot, sie wurden warm
Und ruhten atmend Arm in Arm,
Juchhe! Juchhe!
Juchheisa! Heisa! He!
Und Huft an Ellenbogen.
Und tu mir doch nicht so vertraut!
Wie mancher hat nicht seine Braut
Belogen und betrogen!
Er schmeichelte sie doch bei Seit,
Und von der Linde scholl es weit:
Juchhe! Juchhe!
Juchheisa! Heisa! He!
Geschrei und Fiedelbogen.
ALTER BAUER:
Herr Doktor, das ist schon von Euch,
Dass Ihr uns heute nicht verschmaht,
Und unter dieses Volksgedrang,
Als ein so Hochgelahrter, geht.
So nehmet auch den schonsten Krug,
Den wir mit frischem Trunk gefullt,
Ich bring ihn zu und wunsche laut,
Dass er nicht nur den Durst Euch stillt:
Die Zahl der Tropfen, die er hegt,
Sei Euren Tagen zugelegt.
FAUST:
Ich nehme den Erquickungstrank
Erwidr' euch allen Heil und Dank.
(Das Volk sammelt sich im Kreis umher. )
ALTER BAUER:
Furwahr, es ist sehr wohl getan,
Dass Ihr am frohen Tag erscheint;
Habt Ihr es vormals doch mit uns
An bosen Tagen gut gemeint!
Gar mancher steht lebendig hier
Den Euer Vater noch zuletzt
Der heissen Fieberwut entriss,
Als er der Seuche Ziel gesetzt.
Auch damals Ihr, ein junger Mann,
Ihr gingt in jedes Krankenhaus,
Gar manche Leiche trug man fort,
Ihr aber kamt gesund heraus,
Bestandet manche harte Proben;
Dem Helfer half der Helfer droben.
ALLE:
Gesundheit dem bewahrten Mann,
Dass er noch lange helfen kann!
FAUST:
Vor jenem droben steht gebuckt,
Der helfen lehrt und Hulfe schickt.
(Er geht mit Wagnern weiter. )
WAGNER:
Welch ein Gefuhl musst du, o grosser Mann,
Bei der Verehrung dieser Menge haben!
O glucklich, wer von seinen Gaben
Solch einen Vorteil ziehen kann!
Der Vater zeigt dich seinem Knaben,
Ein jeder fragt und drangt und eilt,
Die Fiedel stockt, der Tanzer weilt.
Du gehst, in Reihen stehen sie,
Die Mutzen fliegen in die Hoh;
Und wenig fehlt, so beugten sich die Knie,
Als kam das Venerabile.
FAUST:
Nur wenig Schritte noch hinauf zu jenem Stein,
Hier wollen wir von unsrer Wandrung rasten.
Hier sass ich oft gedankenvoll allein
Und qualte mich mit Beten und mit Fasten.
An Hoffnung reich, im Glauben fest,
Mit Tranen, Seufzen, Handeringen
Dacht ich das Ende jener Pest
Vom Herrn des Himmels zu erzwingen.
Der Menge Beifall tont mir nun wie Hohn.
O konntest du in meinem Innern lesen,
Wie wenig Vater und Sohn
Solch eines Ruhmes wert gewesen!
Mein Vater war ein dunkler Ehrenmann,
Der uber die Natur und ihre heil'gen Kreise
In Redlichkeit, jedoch auf seine Weise,
Mit grillenhafter Muhe sann;
Der, in Gesellschaft von Adepten,
Sich in die schwarze Kuche schloss,
Und, nach unendlichen Rezepten,
Das Widrige zusammengoss.
Da ward ein roter Leu, ein kuhner Freier,
Im lauen Bad der Lilie vermahlt,
Und beide dann mit offnem Flammenfeuer
Aus einem Brautgemach ins andere gequalt.
Erschien darauf mit bunten Farben
Die junge Konigin im Glas,
Hier war die Arzenei, die Patienten starben,
Und niemand fragte: wer genas?
So haben wir mit hollischen Latwergen
In diesen Talern, diesen Bergen
Weit schlimmer als die Pest getobt.
Ich habe selbst den Gift an Tausende gegeben:
Sie welkten hin, ich muss erleben,
Dass man die frechen Morder lobt.
WAGNER:
Wie konnt Ihr Euch darum betruben!
Tut nicht ein braver Mann genug,
Die Kunst, die man ihm ubertrug,
Gewissenhaft und punktlich auszuuben?
Wenn du als Jungling deinen Vater ehrst,
So wirst du gern von ihm empfangen;
Wenn du als Mann die Wissenschaft vermehrst,
So kann dein Sohn zu hohrem Ziel gelangen.
FAUST:
O glucklich, wer noch hoffen kann,
Aus diesem Meer des Irrtums aufzutauchen!
Was man nicht weiss, das eben brauchte man,
Und was man weiss, kann man nicht brauchen.
Doch lass uns dieser Stunde schones Gut
Durch solchen Trubsinn nicht verkummern!
Betrachte, wie in Abendsonne-Glut
Die grunumgebnen Hutten schimmern.
Sie ruckt und weicht, der Tag ist uberlebt,
Dort eilt sie hin und fordert neues Leben.
O dass kein Flugel mich vom Boden hebt
Ihr nach und immer nach zu streben!
Ich sah im ewigen Abendstrahl
Die stille Welt zu meinen Fussen,
Entzundet alle Hohn beruhigt jedes Tal,
Den Silberbach in goldne Strome fliessen.
Nicht hemmte dann den gottergleichen Lauf
Der wilde Berg mit allen seinen Schluchten;
Schon tut das Meer sich mit erwarmten Buchten
Vor den erstaunten Augen auf.
Doch scheint die Gottin endlich wegzusinken;
Allein der neue Trieb erwacht,
Ich eile fort, ihr ew'ges Licht zu trinken,
Vor mir den Tag und hinter mir die Nacht,
Den Himmel uber mir und unter mir die Wellen.
Ein schoner Traum, indessen sie entweicht.
Ach! zu des Geistes Flugeln wird so leicht
Kein korperlicher Flugel sich gesellen.
Doch ist es jedem eingeboren
Dass sein Gefuhl hinauf und vorwarts dringt,
Wenn uber uns, im blauen Raum verloren,
Ihr schmetternd Lied die Lerche singt;
Wenn uber schroffen Fichtenhohen
Der Adler ausgebreitet schwebt,
Und uber Flachen, uber Seen
Der Kranich nach der Heimat strebt.
WAGNER:
Ich hatte selbst oft grillenhafte Stunden,
Doch solchen Trieb hab ich noch nie empfunden.
Man sieht sich leicht an Wald und Feldern satt;
Des Vogels Fittich werd ich nie beneiden.
Wie anders tragen uns die Geistesfreuden
Von Buch zu Buch, von Blatt zu Blatt!
Da werden Winternachte hold und schon
Ein selig Leben warmet alle Glieder,
Und ach!
entrollst du gar ein wurdig Pergamen,
So steigt der ganze Himmel zu dir nieder.
FAUST:
Du bist dir nur des einen Triebs bewusst,
O lerne nie den andern kennen!
Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust,
Die eine will sich von der andern trennen;
Die eine halt, in derber Liebeslust,
Sich an die Welt mit klammernden Organen;
Die andre hebt gewaltsam sich vom Dust
Zu den Gefilden hoher Ahnen.
O gibt es Geister in der Luft,
Die zwischen Erd und Himmel herrschend weben
So steiget nieder aus dem goldnen Duft
Und fuhrt mich weg zu neuem, buntem Leben!
Ja, ware nur ein Zaubermantel mein,
Und trug er mich in fremde Lander!
Mir sollt er um die kostlichsten Gewander,
Nicht feil um einen Konigsmantel sein.
WAGNER:
Berufe nicht die wohlbekannte Schar,
Die stromend sich im Dunstkreis uberbreitet,
Dem Menschen tausendfaltige Gefahr,
Von allen Enden her, bereitet.
Von Norden dringt der scharfe Geisterzahn
Auf dich herbei, mit pfeilgespitzten Zungen;
Von Morgen ziehn, vertrocknend, sie heran,
Und nahren sich von deinen Lungen;
Wenn sie der Mittag aus der Wuste schickt,
Die Glut auf Glut um deinen Scheitel haufen
So bringt der West den Schwarm, der erst erquickt,
Um dich und Feld und Aue zu ersaufen.
Sie horen gern, zum Schaden froh gewandt,
Gehorchen gern, weil sie uns gern betrugen;
Sie stellen wie vom Himmel sich gesandt,
Und lispeln englisch, wenn sie lugen.
Doch gehen wir! Ergraut ist schon die Welt,
Die Luft gekuhlt, der Nebel fallt!
Am Abend schatzt man erst das Haus. -
Was stehst du so und blickst erstaunt hinaus?
Was kann dich in der Dammrung so ergreifen?
FAUST:
Siehst du den schwarzen Hund durch Saat und Stoppel streifen?
WAGNER:
Ich sah ihn lange schon, nicht wichtig schien er mir.
FAUST:
Betracht ihn recht! fur was haltst du das Tier?
WAGNER:
Fur einen Pudel, der auf seine Weise
Sich auf der Spur des Herren plagt.
FAUST:
Bemerkst du, wie in weitem Schneckenkreise
Er um uns her und immer naher jagt?
Und irr ich nicht, so zieht ein Feuerstrudel
Auf seinen Pfaden hinterdrein.
WAGNER:
Ich sehe nichts als einen schwarzen Pudel;
Es mag bei Euch wohl Augentauschung sein.
FAUST:
Mir scheint es, dass er magisch leise Schlingen
Zu kunft'gem Band um unsre Fusse zieht.
WAGNER:
Ich seh ihn ungewiss und furchtsam uns umspringen,
Weil er, statt seines Herrn, zwei Unbekannte sieht.
FAUST:
Der Kreis wird eng, schon ist er nah!
WAGNER:
Du siehst! ein Hund, und kein Gespenst ist da.
Er knurrt und zweifelt, legt sich auf den Bauch,
Er wedelt. Alles Hundebrauch.
FAUST:
Geselle dich zu uns! Komm hier!
WAGNER:
Es ist ein pudelnarrisch Tier.
Du stehest still, er wartet auf;
Du sprichst ihn an, er strebt an dir hinauf;
Verliere was, er wird es bringen,
Nach deinem Stock ins Wasser springen.
FAUST:
Du hast wohl recht; ich finde nicht die Spur
Von einem Geist, und alles ist Dressur.
WAGNER:
Dem Hunde, wenn er gut gezogen,
Wird selbst ein weiser Mann gewogen.
Ja, deine Gunst verdient er ganz und gar,
Er, der Studenten trefflicher Skolar.
(Sie gehen in das Stadttor. )
Studierzimmer
Faust mit dem Pudel hereintretend.
FAUST:
Verlassen hab ich Feld und Auen,
Die eine tiefe Nacht bedeckt,
Mit ahnungsvollem, heil'gem Grauen
In uns die bessre Seele weckt.
Entschlafen sind nun wilde Triebe
Mit jedem ungestumen Tun;
Es reget sich die Menschenliebe,
Die Liebe Gottes regt sich nun. Sei ruhig, Pudel! renne nicht hin und
wider!
An der Schwelle was schnoperst du hier?
Lege dich hinter den Ofen nieder,
Mein bestes Kissen geb ich dir.
Wie du draussen auf dem bergigen Wege
Durch Rennen und Springen ergetzt uns hast,
So nimm nun auch von mir die Pflege,
Als ein willkommner stiller Gast. Ach wenn in unsrer engen Zelle
Die Lampe freundlich wieder brennt,
Dann wird's in unserm Busen helle,
Im Herzen, das sich selber kennt.
Vernunft fangt wieder an zu sprechen,
Und Hoffnung wieder an zu bluhn,
Man sehnt sich nach des Lebens Bachen,
Ach! nach des Lebens Quelle hin. Knurre nicht, Pudel! Zu den heiligen
Tonen,
Die jetzt meine ganze Seel umfassen,
Will der tierische Laut nicht passen.
Wir sind gewohnt, dass die Menschen verhohnen,
Was sie nicht verstehn,
Dass sie vor dem Guten und Schonen,
Das ihnen oft beschwerlich ist, murren;
Will es der Hund, wie sie, beknurren?
Aber ach! schon fuhl ich, bei dem besten Willen,
Befriedigung nicht mehr aus dem Busen quillen.
Aber warum muss der Strom so bald versiegen,
Und wir wieder im Durste liegen?
Davon hab ich so viel Erfahrung.
Doch dieser Mangel lasst sich ersetzen,
Wir lernen das Uberirdische schatzen,
Wir sehnen uns nach Offenbarung,
Die nirgends wurd'ger und schoner brennt
Als in dem Neuen Testament.
Mich drangt's, den Grundtext aufzuschlagen,
Mit redlichem Gefuhl einmal
Das heilige Original
In mein geliebtes Deutsch zu ubertragen,
(Er schlagt ein Volum auf und schickt sich an. )
Geschrieben steht: "Im Anfang war das Wort! "
Hier stock ich schon! Wer hilft mir weiter fort?
Ich kann das Wort so hoch unmoglich schatzen,
Ich muss es anders ubersetzen,
Wenn ich vom Geiste recht erleuchtet bin.
Geschrieben steht: Im Anfang war der Sinn.
Bedenke wohl die erste Zeile,
Dass deine Feder sich nicht ubereile!
Ist es der Sinn, der alles wirkt und schafft?
Es sollte stehn: Im Anfang war die Kraft!
Doch, auch indem ich dieses niederschreibe,
Schon warnt mich was, dass ich dabei nicht bleibe.
Mir hilft der Geist! Auf einmal seh ich Rat
Und schreibe getrost: Im Anfang war die Tat!
Soll ich mit dir das Zimmer teilen,
Pudel, so lass das Heulen,
So lass das Bellen!
Solch einen storenden Gesellen
Mag ich nicht in der Nahe leiden.
Einer von uns beiden
Muss die Zelle meiden.
Ungern heb ich das Gastrecht auf,
Die Tur ist offen, hast freien Lauf.
Aber was muss ich sehen!
Kann das naturlich geschehen?
Ist es Schatten? ist's Wirklichkeit?
Wie wird mein Pudel lang und breit!
Er hebt sich mit Gewalt,
Das ist nicht eines Hundes Gestalt!
Welch ein Gespenst bracht ich ins Haus!
Schon sieht er wie ein Nilpferd aus,
Mit feurigen Augen, schrecklichem Gebiss.
Oh! du bist mir gewiss!
Fur solche halbe Hollenbrut
Ist Salomonis Schlussel gut.
GEISTER (auf dem Gange):
Drinnen gefangen ist einer!
Bleibet haussen, folg ihm keiner!
Wie im Eisen der Fuchs,
Zagt ein alter Hollenluchs.
Aber gebt acht!
Schwebet hin, schwebet wider,
Auf und nieder,
Und er hat sich losgemacht.
Konnt ihr ihm nutzen,
Lasst ihn nicht sitzen!
Denn er tat uns allen
Schon viel zu Gefallen.
FAUST:
Erst zu begegnen dem Tiere,
Brauch ich den Spruch der Viere: Salamander soll gluhen,
Undene sich winden,
Sylphe verschwinden,
Kobold sich muhen. Wer sie nicht kennte
Die Elemente,
Ihre Kraft
Und Eigenschaft,
Ware kein Meister
Uber die Geister. Verschwind in Flammen,
Salamander!
Rauschend fliesse zusammen,
Undene!
Leucht in Meteoren-Schone,
Sylphe!
Bring hausliche Hulfe,
Incubus! Incubus!
Tritt hervor und mache den Schluss! Keines der Viere
Steckt in dem Tiere.
Es liegt ganz ruhig und grinst mich an;
Ich hab ihm noch nicht weh getan.
Du sollst mich horen
Starker beschworen. Bist du, Geselle
Ein Fluchtling der Holle?
So sieh dies Zeichen
Dem sie sich beugen,
Die schwarzen Scharen! Schon schwillt es auf mit borstigen Haaren.
Verworfnes Wesen!
Kannst du ihn lesen?
Den nie Entsprossnen,
Unausgesprochnen,
Durch alle Himmel Gegossnen,
Freventlich Durchstochnen? Hinter den Ofen gebannt,
Schwillt es wie ein Elefant
Den ganzen Raum fullt es an,
Es will zum Nebel zerfliessen.
Steige nicht zur Decke hinan!
Lege dich zu des Meisters Fussen!
Du siehst, dass ich nicht vergebens drohe.
Ich versenge dich mit heiliger Lohe!
Erwarte nicht
Das dreimal gluhende Licht!
Erwarte nicht
Die starkste von meinen Kunsten!
(Mephistopheles tritt, indem der Nebel fallt, gekleidet wie ein
fahrender Scholastikus, hinter dem Ofen hervor. )
MEPHISTOPHELES:
Wozu der Larm? was steht dem Herrn zu Diensten?
FAUST:
Das also war des Pudels Kern!
Ein fahrender Skolast? Der Kasus macht mich lachen.
MEPHISTOPHELES:
Ich salutiere den gelehrten Herrn!
Ihr habt mich weidlich schwitzen machen.
FAUST:
Wie nennst du dich?
MEPHISTOPHELES:
Die Frage scheint mir klein Fur einen, der das Wort so sehr verachtet,
Der, weit entfernt von allem Schein,
Nur in der Wesen Tiefe trachtet.
FAUST:
Bei euch, ihr Herrn, kann man das Wesen
Gewohnlich aus dem Namen lesen,
Wo es sich allzu deutlich weist,
Wenn man euch Fliegengott, Verderber, Lugner heisst.
Nun gut, wer bist du denn?
MEPHISTOPHELES:
Ein Teil von jener Kraft, Die stets das Bose will und stets das Gute
schafft.
FAUST:
Was ist mit diesem Ratselwort gemeint?
MEPHISTOPHELES:
Ich bin der Geist, der stets verneint!
Und das mit Recht; denn alles, was entsteht,
Ist wert, dass es zugrunde geht;
Drum besser war's, dass nichts entstunde.
So ist denn alles, was ihr Sunde,
Zerstorung, kurz, das Bose nennt,
Mein eigentliches Element.
FAUST:
Du nennst dich einen Teil, und stehst doch ganz vor mir?
MEPHISTOPHELES:
Bescheidne Wahrheit sprech ich dir.
Wenn sich der Mensch, die kleine Narrenwelt
Gewohnlich fur ein Ganzes halt-
Ich bin ein Teil des Teils, der anfangs alles war
Ein Teil der Finsternis, die sich das Licht gebar
Das stolze Licht, das nun der Mutter Nacht
Den alten Rang, den Raum ihr streitig macht,
Und doch gelingt's ihm nicht, da es, so viel es strebt,
Verhaftet an den Korpern klebt.
Von Korpern stromt's, die Korper macht es schon,
Ein Korper hemmt's auf seinem Gange;
So, hoff ich, dauert es nicht lange,
Und mit den Korpern wird's zugrunde gehn.
FAUST:
Nun kenn ich deine wurd'gen Pflichten!
Du kannst im Grossen nichts vernichten
Und fangst es nun im Kleinen an.
MEPHISTOPHELES:
Und freilich ist nicht viel damit getan.
Was sich dem Nichts entgegenstellt,
Das Etwas, diese plumpe Welt
So viel als ich schon unternommen
Ich wusste nicht ihr beizukommen
Mit Wellen, Sturmen, Schutteln, Brand-
Geruhig bleibt am Ende Meer und Land!
Und dem verdammten Zeug, der Tier- und Menschenbrut,
Dem ist nun gar nichts anzuhaben:
Wie viele hab ich schon begraben!
Und immer zirkuliert ein neues, frisches Blut.
So geht es fort, man mochte rasend werden!
Der Luft, dem Wasser wie der Erden
Entwinden tausend Keime sich,
Im Trocknen, Feuchten, Warmen, Kalten!
Hatt ich mir nicht die Flamme vorbehalten,
Ich hatte nichts Aparts fur mich.
FAUST:
So setzest du der ewig regen,
Der heilsam schaffenden Gewalt
Die kalte Teufelsfaust entgegen,
Die sich vergebens tuckisch ballt!
Was anders suche zu beginnen
Des Chaos wunderlicher Sohn!
MEPHISTOPHELES:
Wir wollen wirklich uns besinnen,
Die nachsten Male mehr davon!
Durft ich wohl diesmal mich entfernen?
FAUST:
Ich sehe nicht, warum du fragst.
Ich habe jetzt dich kennen lernen
Besuche nun mich, wie du magst.
Hier ist das Fenster, hier die Ture,
Ein Rauchfang ist dir auch gewiss.
MEPHISTOPHELES:
Gesteh ich's nur! dass ich hinausspaziere,
Verbietet mir ein kleines Hindernis,
Der Drudenfuss auf Eurer Schwelle-
FAUST:
Das Pentagramma macht dir Pein?
Ei sage mir, du Sohn der Holle,
Wenn das dich bannt, wie kamst du denn herein?
Wie ward ein solcher Geist betrogen?
MEPHISTOPHELES:
Beschaut es recht! es ist nicht gut gezogen:
Der eine Winkel, der nach aussen zu,
Ist, wie du siehst, ein wenig offen.
FAUST:
Das hat der Zufall gut getroffen!
Und mein Gefangner warst denn du?
Das ist von ungefahr gelungen!
MEPHISTOPHELES:
Der Pudel merkte nichts, als er hereingesprungen,
Die Sache sieht jetzt anders aus:
Der Teufel kann nicht aus dem Haus.
FAUST:
Doch warum gehst du nicht durchs Fenster?
MEPHISTOPHELES:
's ist ein Gesetz der Teufel und Gespenster:
Wo sie hereingeschlupft, da mussen sie hinaus.
Das erste steht uns frei, beim zweiten sind wir Knechte.
FAUST:
Die Holle selbst hat ihre Rechte?
Das find ich gut, da liesse sich ein Pakt,
Und sicher wohl, mit euch, ihr Herren, schliessen?
MEPHISTOPHELES:
Was man verspricht, das sollst du rein geniessen,
Dir wird davon nichts abgezwackt.
Doch das ist nicht so kurz zu fassen,
Und wir besprechen das zunachst
Doch jetzo bitt ich, hoch und hochst,
Fur dieses Mal mich zu entlassen.
FAUST:
So bleibe doch noch einen Augenblick,
Um mir erst gute Mar zu sagen.
MEPHISTOPHELES:
Jetzt lass mich los! ich komme bald zuruck;
Dann magst du nach Belieben fragen.
FAUST:
Ich habe dir nicht nachgestellt,
Bist du doch selbst ins Garn gegangen.
Den Teufel halte, wer ihn halt!
Er wird ihn nicht so bald zum zweiten Male fangen.
MEPHISTOPHELES:
Wenn dir's beliebt, so bin ich auch bereit,
Dir zur Gesellschaft hier zu bleiben;
Doch mit Bedingnis, dir die Zeit
Durch meine Kunste wurdig zu vertreiben.
FAUST:
Ich seh es gern, das steht dir frei;
Nur dass die Kunst gefallig sei!
MEPHISTOPHELES:
Du wirst, mein Freund, fur deine Sinnen
In dieser Stunde mehr gewinnen
Als in des Jahres Einerlei.
Was dir die zarten Geister singen,
Die schonen Bilder, die sie bringen,
Sind nicht ein leeres Zauberspiel.
Auch dein Geruch wird sich ergetzen,
Dann wirst du deinen Gaumen letzen,
Und dann entzuckt sich dein Gefuhl.
Bereitung braucht es nicht voran,
Beisammen sind wir, fanget an!
GEISTER:
Schwindet, ihr dunkeln
Wolbungen droben!
Reizender schaue
Freundlich der blaue
Ather herein!
Waren die dunkeln
Wolken zerronnen!
Sternelein funkeln,
Mildere Sonnen
Scheinen darein.
Himmlischer Sohne
Geistige Schone,
Schwankende Beugung
Schwebet voruber.
Sehnende Neigung
Folget hinuber;
Und der Gewander
Flatternde Bander
Decken die Lander,
Decken die Laube,
Wo sich furs Leben,
Tief in Gedanken,
Liebende geben.
Laube bei Laube!
Sprossende Ranken!
Lastende Traube
Sturzt ins Behalter
Drangender Kelter,
Sturzen in Bachen
Schaumende Weine,
Rieseln durch reine,
Edle Gesteine,
Lassen die Hohen
Hinter sich liegen,
Breiten zu Seen
Sich ums Genuge
Grunender Hugel.
Und das Geflugel
Schlurfet sich Wonne,
Flieget der Sonne,
Flieget den hellen
Inseln entgegen,
Die sich auf Wellen
Gauklend bewegen;
Wo wir in Choren
Jauchzende horen,
Uber den Auen
Tanzende schauen,
Die sich im Freien
Alle zerstreuen.
Einige klimmen
Uber die Hohen,
Andere schwimmen
Uber die Seen,
Andere schweben;
Alle zum Leben,
Alle zur Ferne
Liebender Sterne,
Seliger Huld.
MEPHISTOPHELES:
Er schlaft! So recht, ihr luft'gen zarten Jungen!
Ihr habt ihn treulich eingesungen!
Fur dies Konzert bin ich in eurer Schuld.
Du bist noch nicht der Mann, den Teufel festzuhalten!
Umgaukelt ihn mit sussen Traumgestalten,
Versenkt ihn in ein Meer des Wahns;
Doch dieser Schwelle Zauber zu zerspalten,
Bedarf ich eines Rattenzahns.
Nicht lange brauch ich zu beschworen,
Schon raschelt eine hier und wird sogleich mich horen.
Der Herr der Ratten und der Mause,
Der Fliegen, Frosche, Wanzen, Lause
Befiehlt dir, dich hervor zu wagen
Und diese Schwelle zu benagen,
So wie er sie mit Ol betupft-
Da kommst du schon hervorgehupft!
Nur frisch ans Werk!
